Afrikanischer Rauch über dem Amazonas
Von Buschfeuern in Afrika gelangen in manchen Zeiten mehr Rußpartikel in den zentralen Amazonasregenwald als von regionalen Bränden.
Bis zu zwei Dritteln des Rußes über dem zentralen Amazonas-Regenwald hat seinen Ursprung in Afrika. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die jetzt in Nature Communications Earth and Environment veröffentlicht wurde. Forschende unter Leitung des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universität von Sao Paulo, unter Beteiligung des MPI-BGC, unterschieden Rußpartikel anhand ihrer Eigenschaften und ordneten sie ihren Quellen zu. Sie fanden heraus, dass Buschfeuer und brennende Savannen im nördlichen und südlichen Afrika das ganze Jahr über erheblich zur Luftverschmutzung in Zentralamazonien beitragen, und damit auch eine wichtige Rolle im atmosphärischen Strahlungshaushalt und im Wasserkreislauf spielen. Ursache ist ein effizienter transatlantischer Partikeltransport durch die Atmosphäre.
Der brasilianische Regenwald gilt weltweit als eines der wenigen kontinentalen Gebiete mit sauberer Luft. Allerdings gilt dies nur in der Regenzeit, in der die Feinstaubkonzentration zeitweise sehr gering ist. Ganz anders verhält es sich in der Trockenzeit. Dann brennen im Amazonasregenwald zahlreiche Entwaldungsfeuer, weil sich von Süden ein „Bogen der Entwaldung“ in ihn hineinfrisst. Daher mindern zu dieser Zeit Ruß und andere Emissionen aus den Bränden die Luftqualität beträchtlich. Im zentralen Amazonas ist die Luft dann nicht besser als in europäischen Ballungsgebieten. Die Konzentration an Rußpartikeln in der Atmosphäre schwankt über dem Blättermeer also zwischen sehr niedrig und sehr hoch.
Erstmals hat ein Forscherteam nun untersucht, aus welchen Quellen die Rußpartikel stammen. Dabei machten sie eine überraschende Entdeckung: Ein großer Teil der Partikel entsteht nicht in Südamerika, sondern ist mit Luftmassen rund 10.000 Kilometer aus Afrika über den Atlantik gereist und stammt von natürlichen Buschbränden, Brandrodungen und der Verfeuerung von Biomasse etwa zum Kochen. „Rauch aus Afrika ist fast das ganze Jahr in großen Anteilen über dem Regenwald zu finden - das haben wir nicht erwartet“, sagt Bruna Holanda, die als Doktorandin am Max-Planck-Institut für Chemie die Studie leitete. „Wir hatten den Anteil aus Afrika auf 5, vielleicht 15 Prozent geschätzt. Tatsächlich aber betrug er zeitweilig 60 Prozent.“ Laut der Atmosphärenphysikerin beweist dieser Wert, wie effizient der atmosphärische Transport der Ruß- und Aerosolpartikel mit Luftmassen von Afrika nach Südamerika ist.
Rußpartikel aus Afrika und Südamerika unterscheiden sich physikalisch und chemisch
Um den Ruß über dem Amazonas verschiedenen Quellen zuzuordnen, analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über zwei Jahre hinweg Rußpartikel in der Luft am Amazon Tall Tower Observatory (ATTO). Die Forschungsstelle liegt in einer nahezu unberührten Region im zentralen Amazonasgebiet und umfasst unter anderem einen 325 Meter hohen Messturm.
Das Team fand zwei vorherrschende Arten von Ruß: Rußpartikel aus Afrika waren deutlich größer als die aus dem Amazonasgebiet und wiesen einen geringeren Gehalt an organischem Material auf. Die Forschenden führen dies darauf zurück, dass in Afrika vor allem Grasland, Savannen und offene Wälder brennen. Die trockenen Brennstoffe führen zu einer eher flammenden Verbrennung und mehr Rußpartikeln. Südamerikanische Brände treten dagegen in dichten und feuchten Wäldern auf. Die feuchteren Brennstoffe führen eher zu Schwelbränden, bei denen Ruß mit größeren organischen Anteilen entsteht. Mit Hilfe von meteorologischen Daten wie dem Hauptwindfeld und Satellitenaufnahmen, auf denen die Rauschwaden manchmal sogar zu erkennen sind, ermittelten Holanda und ihre Kolleginnen und Kollegen dann die jeweilige Quelle des Rauchs.
Auf diese Weise stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch fest, dass zweimal im Jahr besonders viel Rauch aus Afrika zum Amazonas strömt: Zum einen bringen Winde während der Regenzeit von Januar bis März immer wieder Ruß zusammen mit Saharastaub in das Gebiet. So stammen in dieser Zeit durchschnittlich 60 Prozent der Rußpartikel über dem Amazonas von afrikanischen Feuern. Zu dieser Zeit ist die Luft eigentlich besonders sauber, weil es vor Ort kaum Brandrodungen gibt. Doch der Rauch aus Afrika macht die Luft auch in dieser Jahreszeit manchmal so schmutzig, wie sie während der Trockenzeit ist. Zum anderen lässt sich während der Trockenzeit von August bis November viel Ruß aus Afrika im zentralen Amazonas beobachten. Im Gegensatz zur Regenzeit gibt es in dieser Zeit regional viele natürliche und vom Menschen gelegte Feuer, insbesondere in den trockeneren Regionen des Amazonas-Beckens. In weiten Regionen des Amazonas verursachen die regionalen Feuer etwa zwei Dritteln der Rußbelastung. Doch immerhin ein Drittel des Rußes kommt aus Afrika, und erhöht damit die ohnehin schon gravierende Schadstoffbelastung.
Rauch beeinflusst das Klima und den Wasserkreislauf
Ruß- und andere Aerosolpartikel absorbieren und streuen Sonnenlicht, sie beeinflussen somit die Strahlungs- oder Energiebilanz der Erde und unser Klima. Besonders Rußpartikel sind sehr strahlungsaktiv, da sie deutlich mehr Sonnenstrahlung absorbieren als reflektieren, und somit eher Wärme im Erdsystem halten. Staub- und Rußpartikel dienen aber auch als Kondensationskerne bei der Entstehung von Wolkentropfen. Sie beeinflussen daher die Bildung von Wolken und Niederschlägen, sie wirken sich also auch auf den Wasserhaushalt aus.
„Unsere Ergebnisse können helfen, Klima- und Erdsystemmodelle zu verbessern, die die afrikanische Rauchkomponente bisher nur unzureichend widerspiegeln“, erklärt Christopher Pöhlker, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie. Die Effizienz des Transports deutet seiner Meinung nach auch darauf hin, dass afrikanischer Rauch bereits in vorindustrieller Zeit nach Südamerika gelangte, da die feueranfällige afrikanische Vegetation vermutlich seit Zehntausenden von Jahren saisonal brennt. „Wir vermuten, dass Ruß schon lange eine wichtige Rolle bei der Bodendüngung und somit bei der Waldbildung im Amazonasgebiet sowie im Kohlenstoff- und Wasserkreislauf spielt", ergänzt der Atmosphärenchemiker. Solche positiven Effekte der Vergangenheit könnten nun aber ins Gegenteil umschlagen. „Die Abholzungsraten und die Zahl der Feuer sowie der dadurch entstehende Ruß in den letzten Jahren sind beispiellos und können gravierende Folgen für den regionalen und globalen Klimawandel haben,“ so Pöhlkers Fazit.