Kalibrierlabor
Für Spurengasmessungen bei Langzeitbeobachtungen der Atmosphäre an Stationen des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und für experimentelle Studien benötigen wir Standardgase, mit denen die jeweils eingesetzten Messinstrumente kalibriert werden können.
Durch eine Kalibration wird der genaue Zusammenhang zwischen der Konzentration eines Spurengases und der Signalgröße des Messgeräts ermittelt. Dazu werden Vergleichsmessungen von Kalibriergasen bekannter Zusammensetzung und Proben durchgeführt. Kalibriergase bestehen aus wasserfreier, natürlicher Luft. Ihre Zusammensetzung wird gezielt für den Einsatz als Kalibrierstandard angepasst.
Das GasLab stellt solche Kalibrierstandards selbst her und bestimmt die Konzentrationen der entsprechenden Spurengase in diesen Standardgasen sehr genau. Dazu werden eigene Referenzgase verwendet. Diese Referenzgase wurden von einem internationalen Zentrallabor, beauftragt von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), eingemessen.
Herstellung der Referenzgase
Befüllung
Den ersten Schritt bildet die Vorbereitung neuer Aluminiumdruckgasbehälter. Diese werden auf maximal 100°C aufgeheizt und leergepumpt, um etwaige Lösungsmittelreste von der Produktion zu entfernen und eine trockene innere Oberfläche zu gewährleisten. Anschließend werden sie mit trockener atmosphärischer Luft, die vom Gebäudedach mit einem ölfreien Kompressor angesaugt wird, auf 100 bar befüllt. Nach einer vierwöchigen Ruhezeit werden sie entleert und können nun erneut mit Luft auf nun 200 bar befüllt werden. Hierbei wird die Luft gut getrocknet und je nach Bedarf durch verschiedene Filterkartuschen (gefüllt mit Molekularsieben oder Oxidationskatalysatoren) geleitet. Dadurch können für die Herstellung einer Grundmischung optional die Konzentrationen von CO2, CH4, N2O, CO, H2 und SF6 individuell reduziert werden.
Die einströmende Luft wird mit einer Dreifachkartusche, die mit wasserfreiem Magnesiumperchlorat gefüllt ist, getrocknet. Jede einzelne Kartusche des Multi-Trap-Systems kann optional in Reihe geschaltet werden, um eine oder mehrere Spezies aus der atmosphärischen Luft abzureichern und so Luftgemische mit geringeren Konzentrationen dieser Spurengase zu erzeugen. Eine Abreicherung ist möglich für CO2 und N2O durch Einsatz von Molekularsieb 5A, CH4 durch Ansaugung mit vorgeschaltetem Nullluftgenerator, CO und H2 durch Oxidation mit Sofnocat 423 und 514, und SF6 mit Molekularsieb 13X.
Anpassung der Gaszusammensetzung
Um die Bandbreite der möglichen atmosphärischen Konzentrationen der zu messenden Gase an den Stationen oder im Experiment abzudecken, ist in der Regel der Einsatz von mehreren Referenzgasen erforderlich. Hierfür werden den im vorherigen Schritt mit der Grundmischung befüllten Druckgasbehältern jeweils gezielt kleine Mengen der reinen Gase oder Vorverdünnungen (CO2, CH4, N2O, CO, H2, SF6, O2) zugesetzt, um eine Gasmischung mit den benötigten Konzentrationen der einzelnen Gase zu erhalten. Zum Abschluss wird der Erfolg des Mischvorgangs durch eine Messung kontrolliert und die Anpassung der Konzentration gegebenenfalls in mehreren Schritten wiederholt.
Kalibriermessungen an Standardgasen
Die Durchführung der Kalibrierung von CO2 und CH4 Konzentrationen in Standardgasen erfolgt im GasLab mit einem laser-spektroskopischen Analysator (Picarro G2301). CO wird mit einem Vakuum-UV-Fluoreszenz Detektor (Aerolaser 5001) gemessen, N2O und SF6 mit einem Gaschromatographen mit Elektroneinfangdetektor (Agilent 6890 ECD) sowie H2 mit einem Gaschromatographen mit einem Pulsed Discharge Detektor (Valco HP2).
Alle Detektionsprinzipien beruhen darin, dass ein physikalisches Signal sehr präzise gemessen wird. Ein wesentlicher Teil der Messung ist die genaue Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Konzentration des Analyten und der Signalgröße. Hierfür werden Vergleichsmessungen an Referenzgasen bekannter Zusammensetzung und Proben durchgeführt.
Internationale Referenzmaterialien
Die Genauigkeit der Kenntnis der Gaskonzentration in diesen Referenzgasen kann eine der wesentlichen Limitierungen der Messgenauigkeit sein. Eine perfekte Richtigkeit der absoluten Konzentrationswerte ist für die meisten wissenschaftlichen Fragen aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr, dass alle Messdaten eines Messnetzes in sich, zwischen verschiedenen globalen Messnetzen und über viele Jahrzehnte hinweg in sehr hohem Maß konsistent sind. Dies wird erreicht, indem es weltweit ein einziges von der WMO anerkanntes zentrales Kalibrierlabor gibt.
Dieses Labor hat für einen Satz primärer Referenzmaterialien die Konzentrationswerte sehr genau ermittelt. Darüber hinaus gewährleistet es die metrologische Rückführbarkeit auf die physikalischen Grundeinheiten des Internationalen Einheitensystems (SI). Diese primären Referenzstandards sind die Basis der sogenannten WMO Kalibrierskala. Alle Spurengas-Messungen, die im Rahmen des WMO Global Atmosphere Watch Programms gemacht werden, sind an diese Kalibrierskalen angebunden.
Fortschritte in der Instrumententechnik, neue Erkenntnisse über kleine Veränderungen in diesen primären Referenzstandards oder Störeinflüsse anderer Komponenten können dazu führen, dass das WMO-Zentrallabor Korrekturen der Konzentrationsangaben dieser Primärstandards machen muss. Um Treibhausgasdaten unterscheiden zu können, die sich auf zu verschiedenen Zeitpunkten gültige Konzentrationsangaben beziehen, werden diese durch einen Skalen-Versionsnamen beschrieben.
Das MPI-BGC-GasLab besitzt eine Reihe von Referenzgasen (s. Tabelle 5 im MPI-BGC Flask Report), die vom internationalen Zentrallabor wiederholt eingemessen wurden. Durch wiederholte Vergleichsmessungen relativ zu diesen BGC-WMO-Referenzstandards werden die Konzentrationen von CO2 und CH4 bzw. CO in weiteren Standardgasen sehr genau bestimmt, die als Standardgase für die tägliche Kalibrierung der im BGC-Kalibrierlabor verwendeten spektroskopischen Messgeräte eingesetzt werden. Die Kennlinien der gaschromatographischen Detektoren, die nicht alle eine strenge Proportionalität zwischen Signal und Spurengasgehalt im Gas aufweisen, werden etwa alle zwei Monate mit dem gesamten Satz an WMO-Referenzgasen neu bestimmt.
Qualitätskontrolle
Zur Gewährleistung der geforderten Datengüte erfolgen mit jedem Messzyklus Qualitätskontrollmessungen von Proben, die nur für diesen Zweck analysiert werden. Zusätzlich werden regelmäßig Vergleichsmessungen durchgeführt:
- laborintern: Messung von Luftproben mit unterschiedlichen Analyseverfahren
- international: Teilnahme an Ringversuchen und Austausch von Luftproben mit anderen Laboren
Eine statistische Auswertung der Ergebnisse dieser Qualitätskontrolluntersuchungen ist Grundlage für die Abschätzung der Messunsicherheit.
Zentrales Kalibrierlabor für Wasserstoff der WMO
Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, da seine Verbrennung keine Treibhausgase freisetzt. Wasserstoff selbst hat außerdem keine Strahlungsabsorptionseigenschaften, die direkt zum Treibhauseffekt beitragen. Er beeinflusst allerdings den atmosphärenchemischen Abbau des Treibhausgases Methan und gilt daher als “indirektes Treibhausgas”. Mögliche Emissionen durch Leckagen bei der großflächigen Einführung der Wasserstofftechnik könnten einen Anstieg der Wasserstoffkonzentration verursachen mit entsprechendem Beitrag zum Klimawandel.
Zum Erkennen langfristiger Trends von Wasserstoff in der Atmosphäre war lange Zeit eine verlässliche Kalibrierung die entscheidende Limitierung. Einerseits sind Wasserstoff-Konzentrationen in den üblichen Druckgasbehältern für Standardgase über die Zeit nicht stabil, zum zweiten gab es kein zentrales Kalibrierlabor der WMO.
Im Rahmen eines von der EU finanzierten Projekts (EUROHYDROS) hat das MPI-BGC GasLab eine experimentelle Strategie entwickelt, um Wasserstoff-in-Luft-Mischungen herzustellen, deren Konzentrationen durch Volumen-, Druck und Massebestimmung sehr genau bestimmt werden können. Dies erlaubt auch die Stabilität der Wasserstoffkonzentration in Standardgasen über längere Zeit hin zu überprüfen. Verschiedene Typen an Druckgasbehältern wurden damit auf ihre Eignung getestet. Eine Reihe von Standardgasen mit Wasserstoffkonzentrationen in einem Bereich von 140-1200 ppb wurden hergestellt. Auf Empfehlung der WMO -Expertengruppe wurde das MPI-BGC GasLab 2009 zum zentralen Kalibrierlabor für Wasserstoff bestimmt.
In dieser Aufgabe als Zentrallabor der WMO
- überprüft das MPI-BGC-GasLab alle zwei bis fünf Jahre die Stabilität der Wasserstoff-Konzentration in den primären Standardgasen durch Vergleich mit neu hergestellten Gasmischungen
- misst es Standardgase für andere Labore ein, die für das Global Atmosphere Watch arbeiten.
Dadurch wurde eine Vergleichbarkeit der langen Datenreihen verschiedener Institutionen entsprechend der Zielvorgaben der WMO ermöglicht. Auf dieser Grundlage konnte ein Anstieg von Wasserstoff in der Atmosphäre in den letzten Jahren erkannt werden.