Bedeutung der Landoberfläche für den klima-relevanten Kohlenstoffkreislauf
Susan Trumbore, geschäftsführende Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, erforscht Stoffkreisläufe und deren Rolle in der Klimaentwicklung. Beim renommierten „Sackler Colloquium“ der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften referiert die Geowissenschaftlerin am 1. April 2011 über die frühere und zukünftige Rolle der Landoberfläche und seiner Ökosysteme im globalen Klimahaushalt.Die Biogeochemie als interdisziplinäre Wissenschaft befasst sich mit den Stoffflüssen innerhalb und zwischen Ökosystemen. Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff zählen zu den essentiellen Elementen, aus denen die lebende Materie aufgebaut ist. Wie diese Elemente zwischen der Atmosphäre, den Ozeanen und der Landoberfläche zirkulieren, wird am Max-Planck-Institut für Biogeochemie (MPI-BGC) in Jena erforscht. Bereits seit 1997 widmen sich die Mitarbeiter des Instituts, die aus über 25 verschiedenen Nationen stammen, diesen Stoffkreisläufen mit großem internationalem Erfolg.
Seit September 2010 leitet Susan Trumbore, Professorin für Erdsystemforschung der University of California, Irvine (USA), das Max-Planck-Institut für Biogeochemie als geschäftsführende Direktorin. Neben mehreren Auszeichnungen und dem Ehrendoktortitel der Hasselt Universität (Belgien) wurde Trumbore Ende 2010 zum Mitglied der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften gewählt. Diese 1863 gegründete Ehrengesellschaft besteht aus weltweit führenden Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Im Zusammenhang mit ihrer Ernennung spricht Susan Trumbore am 1. April 2011 in Washington (DC) als Gast des jährlichen „Sackler Colloquiums“ der Akademie über die frühere und zukünftige Rolle der Landoberfläche und seiner Ökosysteme im globalen Klimahaushalt. Im Hauptvortrag referiert Steven Chu, US-Minister für Energiefragen der Vereinigten Staaten, über die Herausforderungen des Klima- und Energiewandels.
Trumbore, Max-Planck-Direktorin seit 2009, erforscht in Jena mit ihrer Abteilung insbesondere den klima-relevanten Kohlenstoff-Kreislauf. „Wir konzentrieren uns momentan auf drei Bereiche, die bisher sehr ungenügend charakterisiert sind und besonders empfindlich auf klimatische Änderungen oder anthropogene Einflüsse reagieren“, so die gelernte Geologin.
In einem Bereich geht es um die Frage, ob Böden eine Quelle oder Senke für Kohlenstoff darstellen. „Wir wollen daher Schlüsselprozesse analysieren und den `Gesamtorganismus Boden´ in seiner Bedeutung für die Stoffkreisläufe besser charakterisieren“, erklärt Trumbore. Der zweite Bereich widmet sich dem Kohlenstoff, der als atmosphärisches Kohlendioxid (CO2) von den Pflanzen photosynthetisch aufgenommen und als Zucker gebunden wird. Trumbore untersucht die Verteilung dieser Kohlenstoff-haltigen Moleküle in der Pflanze, ihre verschiedenen Funktionen beim Wachstum, der Stressabwehr und der Energiespeicherung sowie die erneute Abgabe des Kohlenstoffs in die Atmosphäre durch Atmung, Blattfall und Pflanzensterben. Im dritten Bereich geht Trumbores Abteilung der Frage nach, ob und wie die Artenvielfalt den Kohlenstoffkreislauf beeinflussen kann: „Erste Ergebnisse zeigen, dass eine hohe Biodiversität mit einer geringeren Abgabe des klimaschädlichen CO2 einhergeht“.
Zur Beantwortung der komplexen Forschungsfragen werden neben den Labor-experimentellen Ansätzen geeignete Freilandversuche und –Messungen durchgeführt. Zu den Freiland-Stationen des Jenaer Instituts gehören unter anderem Messtürme in der sibirischen Tundra, auf den Kapverdischen Inseln, in Namibia und im brasilianischen Regenwald, im Fichtelgebirge und im thüringischen Naturpark Hainich sowie weitere Messstationen auf den Shetland Inseln und in Kanada. Die Daten aus lokalen Messungen werden am MPI-BGC mit Hilfe mathematischer Modellierungen mit überregionalen und globalen Datensätzen verglichen und die Erkenntnisse in globale und regionale Klimakonzepte integriert.