Änderungen der Landnutzungsintensität sind gut für die biologische Vielfalt

24. Dezember 2013
Eine neue Studie zeigt, dass Landwirte durch Änderungen der Bewirtschaftungsintensität über die Zeit zum Schutz der biologischen Vielfalt im Grünland beitragen können. Diese Änderungen können einige der negativen Auswirkungen der intensiven Landnutzung reduzieren, insbesondere für seltene Arten. Die Studie wurde von Prof. Markus Fischer (Universität Bern und Biodiversität und Klima - Forschungszentrum BiK-F Frankfurt) unter Beteiligung von Prof. Ernst-Detlef Schulze und Dr. Ingo Schöning (Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena) kürzlich in den Proceedings of the National Academy of Science, USA veröffentlicht.

Weltweit wird die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung als die größte Bedrohung für die Artenvielfalt erachtet. Frühere Studien über die Auswirkungen der Landnutzungsintensität auf die Biodiversität beschränkten sich nur auf einzelne oder kleine Gruppen von Organismen. Die Effekte unterschiedlicher Landnutzungen auf einzelne Arten können jedoch sehr unterschiedlich sein. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen der Landnutzung auf die biologische Vielfalt oft nicht klar sind.

Ein Team von 58 Wissenschaftlern aus Deutschland und der Schweiz erstellten einen einzigartig großen Datensatz über die Biodiversität von 49 Organismengruppen, von Bakterien bis zu Vögeln. Sie verwendeten Daten von Untersuchungsflächen, die sie in 150 unterschiedlich genutzten Grünlandflächen in drei Regionen in Deutschland, den Biodiversitätsexploratorien (Biodiversity Exploratories; www.exploratories.de), eingerichtet haben. Die Landnutzung der Flächen variierte von extensiver Beweidung bis zu intensiver Mahd oder Beweidung mit hohem Düngereinsatz. Die Wissenschaftler erstellten aus diesen Daten einen neuen „Multidiversitäts-Index“, womit die gesamte Biodiversität eines Ökosystems charakterisiert werden kann. Die Studie zeigte, dass die biologische Vielfalt insgesamt sehr stark mit zunehmender Landnutzungsintensität abnahm und dass seltenere Arten besonders stark beeinträchtigt wurden. Die Vielfalt von Pflanzen, Heuschrecken und Schmetterlingen sank insgesamt am stärksten durch eine intensive Landnutzung.

Die Studie verwendete einen einzigartig umfassenden Datensatz und ein neues Maß, um die ganze Artenvielfalt der untersuchten Ökosystems zu charakterisieren. Die Ergebnisse unterstreichen die außerordentliche Bedeutung von extensiv bewirtschaftetem Grünland für den Naturschutz. Nach Eric Allan bietet „dieser neue Index ein einziges Maß der gesamten Biodiversität eines Ökosystems und sollte es in Zukunft einfacher machen, die Auswirkungen von Naturschutzmaßnahmen oder Renaturierungs-Bemühungen auf die biologische Vielfalt zu beurteilen“.

Interessanterweise fanden die Wissenschaftler eine viel höhere Artenvielfalt auf Flächen, bei denen die Landnutzungsintensität in den letzten Jahren variiert wurde, als in Flächen mit gleichbleibender Landnutzungsintensität. Markus Fischer sagte, dass „Dies darauf hindeutet, dass eine Variation der Bewirtschaftungsintensität über die Zeit eine Strategie sein könnte, die biologische Vielfalt von Grünländern zu erhalten, zum Beispiel durch die Änderung der Anzahl von Weidetieren oder der Mahdhäufigkeit zwischen den Jahren.“

Seltenere der untersuchten Arten profitierten besonders von Landnutzungsänderungen über die Zeit: bei mittlerer Landnutzungsintensität war die Vielfalt solcher seltenen Arten doppelt so hoch, wenn die Landnutzungsintensität zwischen den Jahren variiert wurde und erhöhte sich von 18% auf 31% des Maximums. „Dieses Ergebnis zeigt, dass die Landwirte bereits einfach dadurch zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen könnten, dass sie die Intensität der Landnutzung zwischen den Jahren variieren, sofern die mittlere Intensität der Landnutzung nicht zu hoch wird“, sagte Eric Allan.



Veröffentlichung:
Allan, E., Bossdorf, O., Dormann, C.F., Prati, D., Gossner, M., Tscharntke, T., Blüthgen, N., Bellach, M., Birkhofer, K., Boch, S., Böhm, S., Börschig, C., Chatzinotas, A., Christ, S., Daniel, R., Diekötter, T., Fischer, C., Friedl, T., Glaser, K., Hallmann, C., Hodac, L., Hölzel, N., Jung, K., Klein, A.M., Klaus, V., Kleinebecker, T., Krauss, J., Lange, M., Morris, E.K., Müller, J., Nacke, H., Pasalic, E., Rillig, M.C., Rothenwöhrer, C., Schall, P., Scherber, C., Schulze, W., Socher, S., Steckel, J., Steffan-Dewenter, I., Türcke, M., Weiner, C.N., Werner, M., Westphal, C., Wolters, V., Wubet, T., Gockel, S., Gorke, M., Hemp, A., Renner, S.C., Schöning, I., Pfeiffer, S., König-Ries, B., Buscot, F., Linsenmair, K.-E., Schulze, E.-D., Weisser, W.W., Fischer, M. (2013):
Inter-annual variation in land-use intensity enhances grassland multidiversity.
PNAS, in press.
www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1312213111

Kontakt:
Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze
Emeritusgruppe „Kohlenstoffbilanzen und Ökosystemforschung ”
Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena
Telefon: +49 3641 57 6100
Email: dschulze@bgc-jena.mpg.de
http://www.bgc-jena.mpg.de/index.php/Groups/EmeritusSchulze


Dr. Ingo Schöning
Abteilung Trumbore „Biogeochemische Prozesse”
Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena
Telefon: +49 3641 57 6191
Email: ischoen@bgc-jena.mpg.de
https://www.bgc-jena.mpg.de/bgp/pmwiki.php/Main/IngoSchöning
Zur Redakteursansicht