Frühwarnsystem für kritische Veränderungen von Ökosystemen

27. Juni 2016
Internationale Experten diskutierten am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena, den Zustand von Ökosystemen der Landoberfläche. Im Vordergrund stand dabei aber nicht nur die Erfassung des momentanen Zustands, sondern auch der stetigen Veränderungen von Ökosystemen. Für deren Analyse wird eine neue Methodik verwendet, eine vielversprechende Kombination von neuartigen Satellitendaten mit lokalen Beobachtungen und innovativen Verfahren aus der Informatik. Darüber hinaus arbeiten die Forscher derzeit an Frühwarnsystemen zur Erkennung möglicherweise dramatischer Veränderungen unserer Umwelt.

Der anhaltende Klimawandel und stetige Änderungen der Landnutzung gehen Hand in Hand mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Prozessen. Sie führen insgesamt zu Veränderungen von Ökosystemen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene. Manche Ökosysteme werden so stark beein-flusst, dass sich ihre Funktionsweise grundlegend ändert. Diese Probleme sind nicht neu und motivieren Forscher spätestens seit den 1980er Jahren zu integrierten Forschungsprogrammen, in denen Ökologen, Klimatologen und z.B. Sozialwissenschaftler zusammenarbeiten. Heutzutage ergeben sich ganz neue Forschungsmöglichkeiten durch die großartige Erweiterung im Bereich der Erdbeobachtungen hinsichtlich der zeitlichen und geometrischen Auflösung (v.a. durch die Flotte der neuen Sentinel-Satelliten der ESA) oder in der Informatik, die zunehmend in der Lage ist, große Datenmengen effektiv zu verarbeiten. Alte Fragen bekommen damit eine neue Relevanz: Können kritische Übergänge in Ökosystemen durch die Kombination von neuesten Satellitendaten, lokalen Beobachtungen und modernen Verfahren des maschinellen Lernens automatisch erkannt werden? Wie verändert sich damit die aktuelle Forschungslandschaft und wie kann man Ergebnisse dieser Methoden nutzen, um eine bessere Aufklärung in der Gesellschaft zu erreichen?

Diesen Fragen widmeten sich 35 Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien, Spanien, Italien, Dänemark, Kanada und der Schweiz im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten Projektes „BACI“. Vom 7. – 9. Juni diskutierten sie am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, wie ein Frühwarnsystem für Veränderungen und Störungen an der Schnittstelle zwischen Landökosystemen und der Atmosphäre entwickelt und umgesetzt werden könnte.

Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass neuartige Datensätze von Satellitenmissionen, lokale Ökosystembeobachtungen und Methoden des maschinellen Lernens sehr vielversprechend kombinierbar sind. „So können wir bereits jetzt z.B. Extremereignisse wie Dürren oder Hitzewellen besser erfassen, als dies bisher möglich war. Unser besonderer Fokus liegt dabei auf Interaktionen und Rückkopplungen zwischen der Biosphäre und der Atmosphäre im Erdsystem“ sagt Dr. Miguel Mahecha, Leiter des Projekts.

Das am höchsten gesteckte Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung eines (Frühwarn-)Index, welcher plötzliche Veränderungen und ungewöhnliche Vorkommnisse in den Datenströmen anzeigt. „Wir wollen insbesondere solche Anomalien finden, die von hoher Relevanz für die Funktionsfähigkeit der terrestrischen Ökosysteme sind, wie z.B. Änderungen des Austauschs von CO2 und Wasser zwischen Land und Atmosphäre“, so Dr. Mahecha. Mit einem geeigneten Frühwarnsystem für solche Ökosystemveränderungen könnten Wissenschaftler und Anwender bereits in einem frühen Stadium kritischer Veränderungen spezifische Management- und Anpassungsstrategien entwickeln.

Das Projekt BACI "Erfassung von Veränderungen wesentlicher Ökosystem- und Biodiversitätseigen-schaften – Auf dem Weg zu einem Biosphären-Atmosphären-Index" wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Kommission finanziert. Koordiniert wird das Projekt vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Zusammen mit 10 Partnern aus ganz Europa trägt auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit ihrer Forschung zur Auswertung neuester Satellitendaten und zu innovativen Verfahren des ma-schinellen Lernens wesentlich zum Gelingen des Projektes bei. Das Projekt verdeutlicht, dass Forschung heute nur über disziplinäre Grenzen hinweg Erfolg verspricht. In Jena ist dies mit dem Michael Stifel Zentrum für Datengetriebene und Simulationsgestützte Wissenschaften konzeptionell verwirklicht, in welchem die Universität und die Max-Planck-Institute vor Ort ihre Expertise bündeln. [MM/EF/DF]

Kontakt:
Dr. Miguel Mahecha
MPI für Biogeochemie, Abt. Biogeochemische Integration
07745 Jena
Tel: 03641-57 6265
E-Mail: mmahecha@bgc-jena.mpg.de

Prof. Dr. Christiane Schmullius
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Geographie, Abteilung Fernerkundung
07743 Jena
Tel: 03641-94 8880
E-Mail: c.schmullius@uni-jena.de

Prof. Dr. Joachim Denzler
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl für Digitale Bildverarbeitung
07737 Jena
Tel: 03641-94 6301
E-Mail: joachim.denzler@uni-jena.de
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