Referenzgasherstellung und Kalibrierung

Referenzgasherstellung und Kalibrierung

7. Juni 2022

Die Genauigkeit und Konsistenz von Treibhausgas-Messdaten ist für ihre wissenschaftliche Verwertbarkeit elementar. Daher wurden für ICOS Stationen strikte Vorgaben in Bezug auf Aufbau und Instrumentierung gemacht. Dazu gehören auch die Referenz­materialien, die benötigt werden, um zu bestimmen, welche genaue Treibhausgaskonzentration welchem Signal der Messgeräte vor Ort entspricht. Ein entscheidender Punkt der ICOS Kalibrierstrategie ist, dass diese Referenzgase für das gesamte Messnetz aus einer zentralen Quelle bereitgestellt werden, die die Vergleichbarkeit aller Referenzgase gewährleistet. Dies ist Aufgabe des zentralen ICOS Labors in Jena.

Kalibriergas-Sets für ICOS Stationen

Für die beiden ICOS Bereiche Atmosphäre und Ozean werden Sets mit Referenzgasen aus natürlicher Luft hergestellt. Das ICOS Atmosphärenmessnetz umfasst zurzeit 40 Stationen in 14 Ländern, für das Ozeanmessnetz sind bisher 8 Schiffe als Observatorien im Einsatz. Im Atmosphärennetzwerk umfasst ein Stationsset 5-6 Druckgasflaschen, auf den Schiffen des Ozeannetzwerks werden in der Regel drei Referenzgase genutzt. Weitere Referenzgase werden für Qualitätskontroll-Aktivitäten und Geräteexperimente benötigt.

Herstellung Referenzgase

Referenzgase bestehen aus wasserfreier, natürlicher Luft, deren Zusammensetzung gezielt für den Zweck als Kalibrierstandard mit definierten Treibhausgaskonzentrationen angepasst wird.

Befüllung Druckgasflaschen

Den ersten Schritt bildet die Vorbereitung der Aluminiumzylinder, bei dem diese auf maximal 100°C aufgeheizt und leergepumpt werden, um etwaige Lösungsmittelreste von der Produktion zu entfernen und eine trockene innere Oberfläche zu gewährleisten. Anschließend werden sie mit trockener atmosphärischer Luft auf 100 bar befüllt, für 4 Wochen ruhen gelassen und danach wieder entleert. Mit einem ölfreien Kompressor wird Luft vom Gebäudedach angesaugt und in die Zylinder auf 200 bar Druck aufgedrückt - hierbei wird die Luft getrocknet und je nach Bedarf durch Filter geleitet, mit denen die Konzentrationen von CO2, CH4, N2O und CO für die Herstellung der Grundmischung reduziert werden kann.

Einstellung Mischungsverhältnisse

Um die Bandbreite der möglichen atmosphärischen Konzentrationen der zu messenden Gase an den Stationen abzudecken, ist der Einsatz von mehreren Referenzgasen erforderlich, die diesen erwarteten Bereich umfassen. Hierfür werden den im vorherigen Schritt mit der Grundmischung befüllten Zylindern jeweils berechnete Mengen an reinen Gasen oder Vorverdünnungen (CO2, CH4, N2O und CO) zugesetzt, nach Kontrolle durch eine Messung gegebenenfalls in mehreren Schritten.

Bestimmung der Konzentrationen

Primäre Aufgabe unseres Labors ist nach Herstellung der ICOS Referenzgase in Druckgasflaschen für diese die Konzentrationen von CO2, CH4, N2O und CO sehr genau zu bestimmen. Nachfolgend müssen diese im Abstand von wenigen Jahren nachgemessen werden, bevor die Zylinder durch den Einsatz geleert sind, da sich manche Spurengasgehalte über die Zeit leicht verändern können.

Kalibrierung

Die Grundlage für die genaue Einmessung der hergestellten Gase bilden eigene Referenzgase im ICOS Labor, die vom internationalen Zentrallabor kalibriert wurden, das von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) beauftragt ist. Dieses Labor hat für einen Satz an primären Referenzmaterialien die Konzentrationswerte sehr genau ermittelt und gewährleistet darüber die metrologische Rückführbarkeit auf die physikalischen Grundeinheiten des Internationalen Einheitensystems (SI). Diese primären Referenzstandards decken jeweils einen Konzentrationsbereich ab, der für das jeweilige Spurengas in der Atmosphäre vorkommt, und werden als Kalibrierskala bezeichnet. Alle Messungen, die im Rahmen des WMO Global Atmosphere Watch Programms gemacht werden, zu dem auch die ICOS Beobachtungen beitragen, sind an diese Skalen angebunden.

Fortschritte in der Instrumententechnik, neue Erkenntnisse über kleine Veränderungen in diesen primären Referenzstandards oder Störeinflüsse anderer Komponenten können dazu führen, dass das WMO-Zentrallabor Korrekturen der Konzentrationsangaben dieser Primärstandards machen muss. Um Treibhausgasdaten unterscheiden zu können, die sich auf zu verschiedenen Zeitpunkten gültige Konzentrationsangaben beziehen, werden diese durch einen Skalen-Versionsnamen beschrieben.

Das ICOS Kalibrierlabor unterhält einen Satz von neun Referenzstandardgasen, die vom WMO-Zentrallabor regelmäßig neu eingemessen werden. Durch wiederholte Vergleichsmessungen relativ zu diesen Referenzstandards werden die Konzentrationen von CO2 und CH4 bzw. N2O und CO in den Laborstandards für die tägliche Kalibrierung der im Labor verwendeten Messgeräte sehr genau bestimmt. Der Satz von neun Referenzstandards wird nur für diesen Zweck eingesetzt und daher nur sehr langsam verbraucht. Dies erhöht die Vergleichbarkeit von Kalibrierergebnissen des ICOS Labors über lange Zeiträume, auch wenn die Laborstandards für die tägliche Kalibrierung innerhalb weniger Jahre aufgebraucht sind und ersetzt werden müssen.

Instrumentelle Messung

Die Durchführung der Messungen von Referenzgasen erfolgt mit zwei laser-spektroskopischen Geräten, für CO2 und CH4 mit einem Picarro G2301 und für N2O und CO mit einem Los Gatos N2O/CO Analyzer EP. Das Grundprinzip solcher optischen Analysatoren beruht auf einer von der Konzentration abhängigen Abschwächung eines von einem Laser ausgesandten Lichtimpulses. Um eine Beeinflussungen der Messergebnisse durch äußere Faktoren (z.B. Schwankungen des Luftdrucks) zu minimieren, werden für die Ermittlung der Konzentrationen Messintervalle von mindestens drei unterschiedlichen Tagen herangezogen. Für die Überprüfung der Trockenheit der Gase wird ihre Restfeuchte mit einem Taupunktspiegel bestimmt.

Datenprozessierung

Die Analysewerte werden automatisch von den Messgeräten in die laboreigene Datenbank übertragen und weiterverarbeitet. Dabei werden die einzelnen Rohwerte zunächst einer automatisierten Gültigkeitsprüfung unterzogen, die Rohdaten dann durch die Tagesmessung der Laborstandards kalibriert und alle als gültig gekennzeichnete Einzelwerte zusammengefasst, die vom Laborleiter nach erfolgter Qualitätskontrolle validiert werden müssen.

Qualitätskontrolle

Zur Gewährleistung der geforderten Datengüte erfolgen mit jedem Messzyklus Qualitätskontroll­messungen von Proben, die nur für diesen Zweck analysiert werden. Zusätzlich werden regelmäßig Vergleichsmessungen durchgeführt:

  • laborintern: Messung von Luftproben mit unterschiedlichen Analyseverfahren
  • international: Austausch von Luftproben mit anderen Laboren in Ringversuchen.

Ergebnisse dieser Qualitätskontrolluntersuchungen fließen zusammen mit statistischen Auswertungen verschiedener Parameter der Messungen in den jährlichen Qualitätskontrollbericht ein, in dem die Gesamtunsicherheit der Messungen abgeschätzt wird.

Zur Redakteursansicht