Menschliche Aktivitäten verstärkten die globale Bodenerosion bereits vor 4000 Jahren

28. Oktober 2019
Die Erosion von Böden reduziert die Produktivität von Ökosystemen, sie verändert die Nährstoffkreisläufe und sie wirkt sich damit direkt auf das Klima und die Gesellschaft aus. Ein Forscherteam untersuchte zeitliche Veränderungen der Bodenerosion, indem es Sedimentablagerungen in mehr als 600 Seen weltweit analysierte. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Sedimente vor rund 4.000 Jahren weltweit auffällig zugenommen hatten. Gleichzeitig nahm darin der Anteil an Pollen von Bäumen stark ab, was ein klarer Indikator für eine Entwaldung ist. Der Studie nach hatten Einflüsse des Menschen, wie zum Beispiel eine veränderte Landnutzung, die Bodenerosion schon lange vor der Industrialisierung verstärkt.

Böden sind das Fundament für fast alle biologischen Prozesse auf der Landoberfläche. Ihre Verwitterung und ihre Abtragung werden über Millionen Jahre vor allem durch klimatische und tektonische Einflüsse kontrolliert. Kurzfristig und auf lokaler und regionaler Ebene sind anthropogene Aktivitäten die Haupttreiber der Bodenerosion. Unklar blieb jedoch bisher, ob die vom Menschen verursachte Bodenerosion auch weltweit Auswirkungen hat.

Um diese Frage zu beantworten, blickte ein Team internationaler Wissenschaftler unter der Leitung des französischen Geowissenschaftlers Jean-Philippe Jenny vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena, und dem CARRTEL Limnology Center, Thonon-les-Bains, Frankreich, in die Vergangenheit zurück. Sie untersuchten Bohrkerne von Sedimenten aus 632 Seen weltweit, die in den letzten Jahrzehnten von Pollenforschern gesammelt worden waren. „Sedimente von Seen gelten als natürliche Archive von Erosionsprozessen. Sie resultieren aus allen Vorgängen aus den Einzugsgebieten der Seen, welche Boden, Gestein und gelöste Stoffe abtragen, und bleiben in chronologischen Schichten erhalten", sagt Dr. Jenny.

Mit Hilfe von Radiokarbonmessungen ermittelten die Wissenschaftler das Alter der Sedimentschichten und deren Anreicherungsraten. „Überraschenderweise zeigten 35% der 632 analysierten Seen vor ca. 4.000 Jahren eine zunehmende Sedimentanreicherung", sagt Dr. Nuno Carvalhais, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und verantwortlicher Betreuer der Studie.

Auf der Suche nach möglichen Ursachen dafür untersuchten die Forscher auch den Pollenbestand der Sedimente, um mögliche Veränderungen der Landbedeckung in den Wassereinzugsgebieten der Seen zu rekonstruieren. Hierbei konnten sie bereits bestehende Datenbanken nutzen, in denen die Pollenbestände der Seen über viele Jahrtausende dokumentiert waren.

„Wir waren sehr überrascht zu sehen, dass die Sedimentanreicherung vor 4.000 Jahren zeitlich mit einem verringerten Anteil von Pollen aus Bäumen zusammenfiel“ sagt Dr. Jenny. „Der Rückgang der Baumpollen ist auf Entwaldung zurückzuführen, die insbesondere durch Rodungen für die Landwirtschaft und für neue Siedlungen durchgeführt wurde. Der Kahlschlag der Bäume begünstigte wiederum die Degradation und Erosion der Böden", bestätigt Dr. Jenny. Weitere statistische Analysen untermauerten die Folgerung, dass eine veränderte Bodenbedeckung maßgeblich zur beschleunigten Sedimentanreicherung der Seen, als Indikator für Bodenerosion, führte.

Bei näherer Betrachtung ihrer Daten stießen die Forscher auf weitere interessante Zusammenhänge: Auf regionaler Ebene scheinen Veränderungen in der Sedimentanreicherung mit historischen sozioökonomischen Entwicklungen im Zuge der Besiedlung zu korrelieren. So begann beispielsweise die Zunahme der Bodenerosion in Nordamerika später als in Europa. Dies entspricht wahrscheinlich dem späteren Einsetzen europäischer landwirtschaftlicher Praktiken in Nordamerika nach der Kolonisation. Umgekehrt ist der Rückgang der Bodenerosion an 23 Prozent der Standorte wahrscheinlich mit einer erhöhten Wassernutzung und dem verstärkten Management von Wasserwegen verbunden, insbesondere in den römischen und chinesischen Imperien vor 3.000 Jahren.

Zusammenfassend deutet diese Studie darauf hin, dass die Veränderung des Baumbestandes in den Einzugsgebieten der Flüsse und Seen seit langem der Hauptfaktor für die Bodenerosion ist. Anthropogenes Abholzen ist daher als die Hauptursache für die beschleunigte Bodenerosion in den letzten vier Jahrtausenden anzusehen. „Schon vor 4.000 Jahren, also lange vor den neueren und drastischeren Eingriffen in die Natur durch Treibhausgasemissionen, haben menschliche Aktivitäten offensichtlich die globale Umwelt beeinflusst“, bestätigt Dr. Jenny, der das Forschungsprojekt am Max-Planck-Institut für Biogeochemie mit Unterstützung eines Stipendiums der AXA Research Foundation leitete.

Originalveröffentlicung:
Human and climate influences on sediment transfer - a global account for the Holocene
Jenny, J.-P., Koirala, S., Gregory-Eaves, I., Francus, P., Niemann, C., Ahrens, B., Brovkin, V., Baud, A., Ojala, A.E.K., Normandeau, A., Zolitschka, B., Carvalhais, N.
Proc.Natl.Acad.Sci.USA (2019)


Kontakt zu den Autoren:

Jean-Philippe Jenny
Researcher INRA, PhD
CARRTEL Limnology Center, France
75 bis, avenue de Corzent – CS 50511
F-74203 Thonon-les-Bains cedex
Jean-Philippe.Jenny@inra.fr
+33 4 79 75 86 49

Nuno Carvalhais
Max-Planck-Institut für Biogeochemie
Hans-Knoell-Str. 10, 07745 Jena
+49 3641 576225
nuno.carvalhais@bgc-jena.mpg.de

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