Balzan-Preis für Susan Trumbore

16. September 2020
Der Balzan-Preis gilt als eine der renommiertesten internationalen Auszeichnungen für wissenschaftliche Errungenschaften. In diesem Jahr wird er an Susan Trumbore, Erdsystem-Forscherin aus Jena, zusammen mit drei weiteren Preisträgern verliehen. Die Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Professorin an der University of California, Irvine, USA, und Honorarprofessorin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhält den Preis auf dem Gebiet „Dynamik des Erdsystems“.

Susan Trumbore hat herausragende Beiträge zur Erforschung des Kohlenstoffkreislaufs und seiner Auswirkungen auf das Klima geleistet sowie Pionierarbeit bei der Verwendung von Radiokarbonmessungen (14C) in der Erdsystemforschung entscheidend vorangetrieben. Die Biogeochemikerin hat das Kohlenstoff-Isotop 14C als Nachweis verwendet, um die Kohlenstoff-Flüsse in und aus der Atmosphäre zu verfolgen. Dieser kontinuierliche Austausch von Kohlenstoff stellt einen wichtigen, aber noch wenig verstandenen Teil des globalen Kohlenstoffkreislaufs und damit auch des Klimawandels dar.

Dadurch hat sie wichtige Erkenntnisse über den Kohlenstoff-Umsatz in verschiedenen Bereichen der Landoberfläche gewonnen, insbesondere in Böden und Wäldern. Überschüssiges 14C aus Kernwaffentests in den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren hat ihr dabei geholfen, die Zeitskalen des Kohlenstoff-Austauschs zwischen der Atmosphäre, den Pflanzen und Böden zu untersuchen.

Susan Trumbore ist eine Pionierin bei der Anwendung von Beschleuniger-Massenspektrometrie, die die Messungen von 14C in Bezug auf den Klimawandel revolutioniert hat. Ihre erfolgreichen Studien kombinieren quantitative Modelle, um grundlegende Informationen über die Funktionsweise von Organismen und Ökosystemen zu erhalten. Zum Beispiel haben Trumbore und ihre Mitarbeiter das hohe Alter und die langsamen Wachstumsraten bestimmter tropischer Baumarten aufgedeckt. Sie zeigten, dass Bäume ihre bis zu zehn Jahre alten Kohlenstoffspeicher nutzen, um in Zeiten geringer Kohlenstoffversorgung zu überleben. Ihre Forschungsergebnisse belegten, dass die aktuellen globalen Kohlenstoffmodelle die Rate überschätzen, mit der Kohlenstoff im Boden gespeichert werden kann.

Susan Trumbore hat unterschiedliche Ökosysteme erforscht; ihr besonderes Interesse gilt jedoch den Tropenwäldern des Amazonasbeckens. Als deutsche Co-Leiterin des Amazon Tall Tower Observatory (ATTO), einer brasilianisch-deutschen Kooperation, untersucht sie aktuell Wechselwirkungen zwischen intakten Amazonas-Wäldern und der Atmosphäre. Dabei hat sie sowohl die Auswirkungen des Klimawandels auf den tropischen Regenwald im Blick als auch die Folgen der Abholzung und dadurch veränderten Landnutzung auf das regionale Klima.

Als integraler Bestandteil ihrer Forschungsaktivitäten hat sich Trumbore stets für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingesetzt. Zusätzlich zu ihren eigenen Doktorand/Innen und Postdoktorand/Innen hat sie sich als Ausschussmitglied an mehreren brasilianischen akademischen Institutionen aktiv in der Nachwuchsförderung engagiert. Sie war an der Konzeption und Gründung einer Sommerschule zum Radiokarbon-Einsatz in der Ökologie- und Erdsystemforschung beteiligt. Darüber hinaus war sie Mitbegründerin der International Max Planck Research School for Global Biogeochemical Cycles, einem Doktorandenprogramm, das sich auf globale Biogeochemie und verwandte Erdsystemwissenschaften spezialisiert hat.

Der Balzan-Preis wird jährlich in wechselnden Bereichen, in den Geistes- und in den Naturwissenschaften, verliehen. Neben Susan Trumbore wird auch Jean-Marie Tarascon vom Collège de France, Paris, für seinen Beitrag zur Grundlagen- und angewandten Forschung auf dem Gebiet der elektrochemischen Energiespeicherung geehrt, Joan Martinez Alier vom Institut de Ciència i Tecnologia Ambientals (ICTA) der Universitat Autònoma de Barcelona für seinen Beitrag zur Gründung einer ökologischen Ökonomie und Antônio Augusto Cançado Trindade vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag für seine Beiträge zur Definition und Schaffung einer globalen Rechtsordnung. Die Hälfte des Preisgeldes von 750.000 Schweizer Franken fließt in Forschungsprojekte mit jungen Wissenschaftlern. Den drei Preisträgern wird der Preis am 19. November 2020 in Rom überreicht.

Persönliches Profil

Susan Trumbore hat im Laufe ihrer Karriere eine Reihe von Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, darunter die Benjamin-Franklin-Medaille 2018 für Erd- und Umweltwissenschaften und den Marsh Award for Climate Change Research der British Ecological Society 2019. Sie ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA und der deutschen Leopoldina.
Nach ihrem PhD in Geochemie an der Columbia University, USA, arbeitete sie an der ETH Zürich und am Lawrence Livermore National Laboratory, Livermore, CA, in Massenspektrometrie-Laboren zur Entwicklung von Radiokarbontechniken. 1991 wurde sie als eines der ersten Mitglieder einer neuen Abteilung für Erdsystemwissenschaften an der Universität von Kalifornien, Irvine, eingestellt. Seit 2009 ist Susan Trumbore Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.
Zur Redakteursansicht