CO2-Emissionen annähernd wieder auf dem Niveau von 2019
Nachdem 2020 die fossilen Kohlendioxid-Emissionen im globalen Schnitt deutlich gesunken waren, nähern sie sich in diesem Jahr wieder dem Niveau von vor der Corona-Pandemie an. Zu diesem Ergebnis kommt das internationale Global Carbon Project. Jedes Jahr ziehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darüber Bilanz, wieviel CO2 weltweit in die Atmosphäre gelangt und von natürlichen Senken wieder aufgenommen wird. Zum Team gehören auch Dr. Sönke Zaehle und Dr. Christian Rödenbeck vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena. In der Zeitschrift Earth System Science Data veröffentlicht das Projekt nun seinen vorläufigen Bericht.
Die Corona-Pandemie hatte im letzten Jahr auch Auswirkungen auf die CO2-Emissionen. Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betrafen viele relevante Sektoren wie Transport, Industrie oder Energie. Als Folge verringerte sich der weltweite Kohlendioxid-Ausstoß 2020 um durchschnittlich 5,4 Prozent. Dass dies allerdings kein dauerhafter Effekt ist, zeigen die vorläufigen Zahlen des Global Carbon Projects: 2021 erreichen die Emissionen mit 36,4 Milliarden Tonnen fast das Niveau von 2019, also von vor der Pandemie. Das sind rund 4,9 Prozent mehr als in 2020. Bei den Ländern, die viel CO2 ausstoßen, scheinen die Emissionen 2021 zu den Trends aus der Zeit vor der Corona-Epidemie zurückzukehren, das heißt erneut sinkende CO2-Emissionen in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union und steigende CO2-Emissionen in Indien. In China hat die Reaktion auf die Corona-Pandemie zu einem weiteren Anstieg der CO2-Emissionen geführt, der vom Energie- und Industriesektor vorangetrieben wurde. Aktivitäten und Änderungen der Landnutzung haben 2021 etwa 2,9 Milliarden Tonnen CO2 netto ausgestoßen, etwas weniger als 2020.
Ozeane und Land als natürliche CO2-Senken
Der weltweite Anteil an CO2 in der Atmosphäre steigt nach dem vorläufigen Bericht, trotz reduzierter Emissionen, auch in diesem Jahr weiter an, um 2.0 ppm auf voraussichtlich 415 ppm (parts per million – Teile pro Millionen, Maßeinheit für die Zusammensetzung von Gasen). Die CO2-Senken an Land und in den Ozeanen haben seit dem Beginn direkter atmosphärischer Beobachtungen Anfang der 1960er Jahre insgesamt etwa die Hälfte (53 Prozent in den letzten zehn Jahren) des ausgestoßenen Kohlendioxids aufgenommen. Der Anstieg des atmosphärischen CO2 ist einer der Antriebskräfte für die Kohlenstoffsenken an Land und im Meer, während die Auswirkungen des Klimawandels global gesehen die Kohlenstoffaufnahme an Land und im Ozean verringern.
Dr. Judith Hauck, Klimawissenschaftlerin am Alfred-Wegener-Institut (AWI) koordiniert für das Global Carbon Project die Abschätzung, wie viel CO2 die Ozeane speichern. „In diesem Jahr haben wir die Ozeansenke zum ersten Mal nicht nur aus Modellen berechnet, sondern auch Beobachtungs-basierte Abschätzungen gleichermaßen einbezogen.“ Damit setzt sich der Trend fort, dass die CO2-Aufnahme der Ozeane zunimmt, parallel zum steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre. Im letzten Jahrzehnt (2011 bis 2020) stieg sie auf 10,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr, was 26 Prozent der gesamten CO2-Emissionen entspricht. Die Entwicklung der Ozeansenke in den nächsten Jahrzehnten, als Reaktion auf den steigenden CO2-Gehalt sowie den fortschreitende Klimawandel, wird sich auch auf die Atmosphäre auswirken.
Auch die natürliche Landsenke ist in etwa proportional zu den menschengemachten Emissionen gewachsen, sie nahm im letzten Jahrzehnt etwa 28 Prozent der menschengemachten Emissionen auf. Allerdings variiert die Landsenke stark von Jahr zu Jahr. „Dies macht es sehr schwer, langfristige Veränderungen der Kohlenstoffaufnahme an Land zu beobachten“ erklärt Sönke Zaehle, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. „Diese Variabilität zeigt uns, dass der Landkohlenstoffkreislauf stark auf Schwankungen im Klima reagiert, aber auch auf Extremereignisse, die zum Beispiel zu den massiven Waldbränden in Kalifornien und Australien geführt haben.“
Das verbleibende Budget zum Ausstoß von Kohlenstoff schrumpft
Die anhaltend hohen Emissionen haben die Menge an Kohlenstoff, der noch maximal ausgestoßen werden kann, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, weiter verringert. Laut dem Bericht des Global Carbon Projects bleiben noch etwa 420 Milliarden Tonnen (also 420 Gigatonnen) CO2 für eine 50-prozentige Chance, das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Dies entspricht etwa 11 Jahren bei gleichbleibenden Emissionen auf dem Niveau von 2021. „Ohne schnelle, umfassende und nachhaltige Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen, lassen sich die Ziele der Pariser Vereinbarung nicht erreichen“, sagt Sönke Zaehle. “Denn das Vorhaben, bis 2050 unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustoßen (Netto-Null-Emissionen), kann nur gelingen, wenn die gesamten CO2-Emissionen jedes Jahr um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen gesenkt werden.“
Das Global Carbon Project ist ein internationales Forschungsprojekt der Forschungsinitiative Future Earth zur globalen Nachhaltigkeit. Es zielt darauf ab, ein vollständiges Bild des globalen Kohlenstoffkreislaufs zu entwickeln, das sowohl seine biophysikalische als auch menschliche Dimension und die Wechselwirkungen zwischen ihnen umfasst. Klimaforschende aus aller Welt arbeiten an dem Bericht. Aus Deutschland sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven), der Ludwig-Maximilian-Universität (München), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (Hamburg), des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (Jena), des Karlsruhe Institut für Technologie, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (Kiel) und des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde) beteiligt.
Das globale Kohlenstoffbudget wird auf der COP26 in Glasgow am Vormittag des 4. November im Wissenschaftspavillon des UN-IPCC vorgestellt.