Erfolgreiche Klimaforschung im Amazonasgebiet wird mit ATTO+ fortgesetzt und ausgebaut
Im Rahmen des deutsch-brasilianischen Verbundprojekts ATTO (Amazon Tall Tower Observatory) mit seiner Forschungsstation im brasilianischen Regenwald gewinnen Wissenschaftler*innen seit Jahren wertvolle Daten und Erkenntnisse für die Klima- und Umweltforschung. Auf deutscher Seite wird die Max-Planck-Gesellschaft weiterhin den Fortbetrieb der Station und der Forschung sichern. Darüber hinaus wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit ATTO+ das Projekt für weitere drei Jahre mit rund 5 Millionen Euro fördern. Damit können neue drängende Fragestellungen durch Ausbau der bislang erfolgreich etablierten Messungen beantwortet werden.
Das Amazon Tall Tower Observatory ist ein deutsch-brasilianisches Großprojekt, das seit 2010 von beiden Ländern gefördert wird. Die Forschungsstation im Amazonas-Regenwald ist eine einzigartige wissenschaftliche Plattform zur langfristigen Erforschung der sich verändernden Rolle der Amazonaswälder im Erdsystem. Mehr als 200 Wissenschaftler*innen aus aller Welt erforschen wie sich intakte Amazonaswälder auf das regionale und globale Klima, die Treibhausgasbilanz und die Luftqualität auswirken und wie sich diese im Zuge des globalen Wandels verändern werden. In Deutschland sind die Max-Planck-Institute für Biogeochemie und Chemie sowie die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an der neuen Forschungsphase ATTO+ beteiligt.
Mit Hilfe der Forschungsstation untersucht das Forschungsteam die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem größten Tropenwald der Erde und der Atmosphäre. Seit dem Beginn der kontinuierlichen Datenerfassung im Jahr 2011 füllt ATTO mit langfristigen klimatischen, biogeochemischen und atmosphärischen Messungen eine Lücke in den globalen Beobachtungsnetzwerken. Mit gezielten Studien zu spezifischen Prozessen ergänzen die Forscher*innen die Langzeitmessungen und versuchen, die Ursachen für die jährlichen Schwankungen im Austausch von Energie, Wasser und Treibhausgasen zwischen Wald und Atmosphäre zu erklären.
Ein großer Vorzug von ATTO ist, dass das Projekt mehrere Disziplinen an einem Ort zusammenführt. Einige Wissenschaftler*innen untersuchen, wie Umwelt und Biologie den Austausch von Energie, Wasser, Partikeln und Gasen mit der Atmosphäre steuern. Andere untersuchen, wie atmosphärische Zirkulation und chemische Reaktionen die Waldemissionen beeinflussen. Die Zusammenführung dieser Perspektiven ermöglicht ein besseres Verständnis der Rückkopplungen und verbessert die Genauigkeit der Vorhersagen darüber, wie klimatische und ökologische Prozesse auf das sich verändernde Erdsystem reagieren. ATTO+ leistet damit einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Fundierung klimapolitischer Entscheidungen, auch in Deutschland.
Die Max-Planck-Gesellschaft setzt seine Förderung des Projekts in den nächsten Jahren fort. Zusätzlich fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Strategie "Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA) mit ATTO+ eine weitere Forschungsphase mit rund 5 Millionen Euro. Diese ermöglicht, die Forschung zu vertiefen und für eine optimale Nutzung der gewonnenen Daten mit anderen Forschungsprojekten im Amazonas zu vernetzen. Diese Förderung ist ein sehr großer Erfolg für die beteiligten Wissenschaftler*innen in Deutschland.
"Wir freuen uns sehr über das Vertrauen, das uns von der Max-Planck-Gesellschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung entgegengebracht wird", sagt Prof. Susan Trumbore, wissenschaftliche Koordinatorin von ATTO in Deutschland und Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. "Forschungsprojekte wie ATTO, die mit Langzeitmessungen die Wechselwirkungen zwischen Klima und Regenwald verstehen wollen, entfalten ihr volles Potenzial erst nach vielen Jahren. Mit ATTO+ haben wir auch die Möglichkeit zu zeigen, wie Biodiversität, Klima und Atmosphärenchemie zusammenwirken und sich gemeinsam verändern. Wir sind unseren Geldgebern dankbar, dass sie uns die Zeit und die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um die Forschung an dieser wertvollen und einzigartigen Plattform fortzusetzen."
Neue, von ATTO+ geförderte Forschungsarbeiten ermöglichen es den Projektmitgliedern, neue drängende wissenschaftliche Fragen zu beantworten. Laufende Beobachtungen bei ATTO weisen beispielsweise auf enge Zusammenhänge zwischen Dürre, Blattwechsel der Bäume und der Kohlenstoffbilanz des Waldes hin. Zusätzliche Instrumente und Fernerkundung, die durch ATTO+ finanziert werden, werden neue Daten liefern, um die Ursachen für die beobachteten jährlichen Schwankungen in der Kohlenstoffbilanz des Waldes zu erklären. Messungen an ATTO zeigen auch, dass zahlreiche flüchtige Verbindungen zu den chemischen Reaktionen in der Atmosphäre beitragen. Neue Forschungsarbeiten werden den ökologischen Ursprung dieser Verbindungen sowie ihren Einfluss auf die Aerosolbildung und somit die Wolken- und Niederschlagsbildung untersuchen. Und auch wie sich Rauch von Entwaldungsfeuern im Amazonas, deren Anzahl und Schwere durch Dürren steigt wird, auf Wolkenbildung auswirkt, wird im Fokus stehen. Beides kann den Wasserkreislauf des Kontinents nachhaltig beeinflussen. Andere neue Forschungsarbeiten stellen einen Zusammenhang zwischen Windschäden an Bäumen und turbulenten Winden über dem Wald her und verknüpfen so Windstörungen mit Biodiversitätsmuster und langfristige Kohlenstoffspeicherung.
Ein weiterer grundlegender Aspekt der ATTO-Forschung ist die Frage nach der Stabilität und der Zukunft dieses einzigartigen Ökosystems, das mit dem Klimawandel und der zunehmenden Entwaldung konfrontiert ist. "ATTO bietet uns die einzigartige Möglichkeit, Prozesse in und über einem nahezu unberührten Regenwald zu untersuchen, in dem wir Bedingungen vorfinden, die denen vor der industriellen Revolution nahe kommen", erklärt Dr. Christopher Pöhlker, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. "Und wir können in Echtzeit beobachten, wie sich die äußeren Bedingungen verändern und wie der Wald auf diese Veränderungen reagiert."
Die öffentlich zugänglichen Daten und Ergebnisse der ATTO-Forschung werden nicht nur der wissenschaftlichen Gemeinschaft, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Eine Fotoausstellung, Unterrichtsmaterialien für Schulen und neue Kooperationsprojekte mit den Gemeinden in der Nähe der Forschungsstation werden die bestehenden Online-Formate und die Berichterstattung über das Projekt in den sozialen Medien ergänzen.
Hintergrund des Projekts
Das Amazon Tall Tower Observatory befindet sich etwa 150 km nordöstlich von Manus im Uatumã Sustainable Development Reserve. Die Forschungsstation besteht aus drei Messtürmen, mehreren Versuchsflächen und Laborcontainern. Der größte dieser Türme ist mit 325 m der höchste Forschungsturm Südamerikas und ermöglicht einmalige Beobachtungen der oberflächennahen atmosphärischen Bewegungen und die Einbeziehung der Treibhausgasbilanz der intakten Wälder.
Die Forschungsphase ATTO+ wird in Deutschland vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena koordiniert. Weitere Kernpartner sind das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Koordinierung auf brasilianischer Seite erfolgt durch das Institut für Amazonasforschung (INPA) in Manaus, mit der Universität des Bundesstaates Amazonas (UEA) als weiterem Kernpartner. Darüber hinaus sind rund zwei Dutzend weitere Forschungseinrichtungen maßgeblich an ATTO beteiligt, darunter die Universität von Sao Paulo und das Nationale Institut für Weltraumforschung in Brasilien (INPE).
Der Bau der Forschungsstation wurde vom brasilianischen Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTIC) und dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt, mit zusätzlichen Investitionen der Max-Planck-Gesellschaft. Der weitere Betrieb wird von der Max-Planck-Gesellschaft und dem MCTIC unterstützt. Die Forschungsphase ATTO+ wird vom BMBF im Rahmen der Strategie "Forschung für Nachhaltigkeit" (FONA) gefördert. In Brasilien tragen Wissenschaftler vor allem durch eigene Forschungsstipendien zusätzliche Mittel zur Unterstützung von Forschung und studentischer Ausbildung bei.