Emissionen des Treibhausgases Lachgas seit 1980 um 40 Prozent gestiegen
Rekordwachstum der atmosphärischen Konzentration in 2020 - 2022
Die anthropogenen Emissionen von Lachgas (N2O), ein pro Molekül deutlich stärkeres Treibhausgas als Kohlenstoffdioxid oder Methan, stiegen zwischen 1980 und 2020 um etwa 40% an. Im Jahr 2020 erreichten die anthropogenen Emissionen in die Atmosphäre mehr als 10 Millionen Tonnen pro Jahr, so der in der Fachzeitschrift Earth System Science Data veröffentlichte neue Bericht „Global Nitrous Oxide Budget 2024“ des Global Carbon Project. Dabei entfielen in den 2010er Jahren etwa drei Viertel der vom Menschen verursachten Lachgas-Emissionen auf die globale landwirtschaftliche Produktion, was vor allem auf den Einsatz von mineralischem Dünger und Gülle auf Ackerflächen zurückzuführen ist.
Lachgas (N2O, oder Stickoxid) entsteht unter anderem bei natürlichen Umsetzungsprozessen von Stickstoff in Ökosystemen der Meere und an Land. In der Atmosphäre trägt Lachgas als wichtiges Treibhausgas zum Klimawandel bei. Seine Rolle im Klimasystem ergibt sich durch seine im Vergleich zu den bekannteren Treibhausgasen CO2 und CH4 deutlich stärkere Treibhausgaswirkung pro Molekül und eine deutlich längere Verweilzeit in der Atmosphäre. Darüber hinaus befördern Zerfallsprodukte des Lachgases den Abbau der stratosphärischen Ozonschicht.
58 Wissenschaftler*innen von 55 Organisationen aus 15 Ländern verfassten nun gemeinsam die bisher umfassendste Studie zur Analyse globaler Lachgas-Quellen und –senken. Dafür werteten sie Millionen Lachgas-Messungen aus den letzten vier Jahrzehnten aus, die an Land, in der Atmosphäre, in Süßwassersystemen und im Ozean durchgeführt wurden. "Wir konnten durch das Zusammenführen von Messungen, Statistiken und Modellierungen einen sehr detaillierten Einblick darüber gewinnen, wie sich die regionalen und globalen Quellen von N2O in den letzten Jahrzehnten verändert haben", sagt Prof. Dr. Sönke Zaehle, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, und Mitautor der Studie.
Die Forschenden untersuchten die weltweit gesammelten Daten für alle wichtigen wirtschaftlichen Aktivitäten und natürlichen Prozesse, die zu Lachgasemissionen führen, und fanden 18 anthropogene und natürliche Quellen. Sie berichten weiter über drei "Senken" des globalen Lachgases, sowie über den Beitrag verschiedener Länder. Besonders ins Auge fiel den Autor*innen dabei der starke Anstieg der Emissionen im Landwirtschaftssektor.
In den Ökosystemen an Land wird Stickstoff als Pflanzendünger eingesetzt, da er die Produktivität und Erträge steigert. Der dafür verwendet mineralische Dünger oder Tierdung verstärkt aber auch die Lachgasproduktion der Böden. Im Jahr 1980 wurden weltweit in der Landwirtschaft 60 Millionen Tonnen mineralischer Stickstoffdünger auf die Äcker ausgebracht, im Jahr 2020 waren es bereits 107 Millionen Tonnen. Im selben Jahr wurde zusätzlich etwa dieselbe Menge stickstoffhaltiger Tierdung ausgebracht, so dass 2020 insgesamt über 200 Millionen Tonnen Stickstoffdünger verwendet wurden. Das ist weit mehr als natürliche terrestrische Ökosysteme durch biologische Stickstofffixierung aufnehmen. Die nur aus der Landwirtschaft resultierenden Lachgas-Emissionen stiegen im Jahr 2020 global um 67 Prozent an gegenüber dem Jahr 1980. Sie trugen damit entscheidend zu dem 40%igen weltweiten Lachgasanstieg bei.
Auch andere wichtige menschengemachte industrielle oder landnutzungsbedingte Emissionen trugen weltweit zum Anstieg der atmosphärischen Lachgaskonzentration bei. Eine deutliche Ausnahme ist die EU, deren industrielle und energiebedingte Emissionen im Zeitraum 1980-2020 um etwa 30% fielen und landwirtschaftlich bedingte Emissionen auf etwa konstantem Niveau verblieben.
„Trotz einiger erfolgreicher Initiativen zur Stickstoffreduzierung mussten wir feststellen, dass sich die Lachgas-Emissionen global gesehen gesteigert haben", sagt der Exekutivdirektor des Global Carbon Project und Wissenschaftler an der australischen Wissenschaftsbehörde CSIRO, Josep Canadell. "Die Zunahme der atmosphärischen Lachgaskonzentration hat sich in den letzten Jahrzehnten merkbar beschleunigt“, ergänzt Zaehle, „besonders im nachfolgenden Zeitraum der Studie, von 2020 bis 2022, ist der Anstieg stärker als in jedem anderen der beobachteten Zeiträume". Durch diese Zunahme erreichte die Lachgas-Konzentration im Jahr 2022 mit 336 ppb ein Rekord-Hoch im Vergleich zum vorindustriellen Niveau und trägt so zur der Erderwärmung bei.
"Dieser Emissionsanstieg von Lachgas findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die weltweiten Treibhausgasemissionen rasch in Richtung Netto-Null-Emissionen sinken sollten, wenn wir eine Chance haben wollen, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden", sagt Hanqin Tian, Professor für globale Nachhaltigkeit am Schiller Institute des Boston College, USA, der die Untersuchung im Auftrag des Global Carbon Project koordinierte.
Um Lachgasemissionen zu begrenzen sollten laut der Studie künftig vor allem verbesserte Praktiken beim Einsatz von Stickstoffdüngern und Tierdung in der Landwirtschaft angewandt werden. Diese haben den zusätzlichen Vorteil, dass die Boden-, Wasser- und Luftverschmutzung durch hohe Stickstoffverwendung, die sogenannte Eutrophierung, ebenfalls verringert werden kann.
Laut Tian sind mehr Studien und Analysen erforderlich, um die Bemühungen zur Eindämmung der Emissionen gezielter auf Regionen und Wirtschaftszweige mit hohen Emissionen ausrichten zu können. Eine verbesserte Bestandsaufnahme der Quellen und Senken ist daher notwendig, wenn Fortschritte bei der Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens erzielt werden sollen.