Freisetzung großer Mengen Methans eher unwahrscheinlich

29. August 2013
In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature erläutern Max-Planck Wissenschaftler, warum es eher unwahrscheinlich ist, dass in absehbarer Zukunft durch das Auftauen von Permafrost am Meeresboden große Mengen Methan freigesetzt werden. Das Schreiben ist durch einen kürzlich in Nature erschienen Artikel motiviert worden, der eine solche Freisetzung als „wahrscheinlich" bezeichnete und gewaltige damit einhergehende Kosten bezifferte.

Im folgenden ist eine Übersetzung des Originalschreibens wiedergegeben. In der aktuellen Ausgabe von Nature ist eine gekürzte Fassung dieses Schreibens erschienen (i).

“Als Arktis-Forscher sind wir der Meinung, dass Whiteman et al. (ii) die Wahrscheinlichkeit einer plötzlichen Freisetzung großer Mengen Methans (CH4) aus dem Ostsibirischen Schelf irreführend darstellen. Während sie ihre Aussage einer “wahrscheinlichen” Freisetzung von 50 Gigatonnen Methans aus diesem Gebiet einer Veröffentlichung von Shakhova et al. (iii) zuschreiben, lautet der Originaltext dieser Veröffentlichung: "Unser derzeitiger Wissensstand reicht nicht aus, um die Wahrscheinlichkeit einer solchen Freisetzung in der nahen oder fernen Zukunft abzuschätzen."

Es gibt mindestens drei Gründe, warum das Szenario, das Whiteman et al. als „wahrscheinlich“ beschreiben, in Wirklichkeit eher unwahrscheinlich ist. Erstens würde ein solches Szenario eine regional tausendfache Erhöhung des Methanausstoßes bedeuten. Eine solche Erhöhung würde zu einer Verzehnfachung des globalen Methanausstoßes führen, die aus einer einzigen, regionalen Methanhydratquelle gespeist werden würde. Dies widerspricht den vorliegenden geologischen Daten. Zwar stieg früher schon während plötzlicher Erwärmungsereignisse beim Übergang von Kaltzeiten zu Warmzeiten der Methangehalt der Atmosphäre an, allerdings zeigen Isotopenmessungen, dass dieser Methananstieg nicht aus Methanhydratquellen am Meeresboden stammte (iv).

Zweitens hängt die Instabilität von Methanhydraten von der Temperatur am Meeresboden ab. Es gibt kaum Hinweise darauf, dass sich diese Temperatur bereits signifikant erhöht hat (v) oder dass eine plötzliche Erwärmung, wie sie für den 1000-fach erhöhten Ausstoß notwendig wäre, unmittelbar bevorsteht.

Und drittens gibt es zwar Messungen einer erhöhten Methankonzentration im Wasser und in der Luft über dem Ostsibirischen Schelf (vi), allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass diese von der Erderwärmung in den letzten Jahrzehnten verursacht worden ist. Die erhöhten Konzentrationen könnten ebenso gut durch natürliche Vorgänge verursacht worden sein, die mit dem Übergang in die aktuelle Nacheiszeit zusammenhängen (vii). Insbesondere scheint die gemessene Erhöhung des globalen Methananstiegs in den letzten Jahren nicht durch Methanemissionen in der Arktis verursacht worden sein (viii).

Angesichts dieser Unsicherheiten für die Eingangsdaten des Wirtschaftsmodells von Whiteman et al. ist das Ergebnis des entsprechenden Modells unserer Meinung nach recht einseitig zu einem eher unwahrscheinlichen Szenarios hin verzerrt. Während wir ausdrücklich Studien begrüßen, die die wirtschaftlichen Folgen der globalen Erwärmung abzuschätzen versuchen, sind wir der Meinung, dass entsprechende Studien immer auch die Unsicherheiten der entsprechenden Berechnungen realistisch darstellen sollten.”



Dirk Notz (Max Planck Institute for Meteorology, Hamburg, Germany)
Viktor Brovkin (Max Planck Institute for Meteorology, Hamburg, Germany)
Martin Heimann (Max Planck Institute for Biogeochemistry, Jena, Germany)


(i) Notz et al, Nature 500, 529 (2013) doi:10.1038/500529b
(ii) Whiteman et al., Nature 499, 401-403 (2013)
(iii) Shakhova et al., Doklady Earth Sci. 430, 190–193 (2010).
(iv) Fischer et al., Nature 452, 864-867 (2008)
(v) Nicolsky et al, J. Geophys. Res., 117, F03028 (2012)
(vi) Shakhova et al., Science 327, 1246-1250 (2010)
(vii) Petrenko et al., Science, 329, 1146-1147, (2010)
(viii) Rigby et al., Geophys. Res. Lett., 35, L22805 (2008), Dlugokencky et al., Geophys. Res. Lett., 36, L18803 (2009)
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