Biodiversitätsverlust durch extremes Klima: riskante Rückkopplungen
Die Welt erlebt zwei Megatrends: Extreme Klimaereignisse nehmen in Ausmaß und Häufigkeit zu, während die Biodiversität abnimmt. Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie sowie der Universität Leipzig und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) bringen gemeinsam mit weiteren europäischen Einrichtungen ihre Sorge zum Ausdruck, dass sich diese beiden Trends gegenseitig verstärken könnten. Im Fachmagazin Nature fordern sie eine neue Forschungsagenda, die die Risiken von Klimaextremen und den Rückgang der Biodiversität verknüpft.
Wir wissen inzwischen immer besser, dass es einen Zusammenhang zwischen der globalen Erwärmung und dem Verlust der Biodiversität geben sollte, auch wenn diesen Trends unterschiedliche Mechanismen zugrunde liegen. Wollen wir den einen Trend besser verstehen, können wir den anderen dabei nicht außen vor lassen. Entsprechend fordern auch der Weltklimarat IPCC und der Weltbiodiversitätsrat IPBES ein gemeinschaftliches Vorgehen zur Untersuchung dieser miteinander verknüpften Themenfelder.
Ein hervorstechendes Merkmal des Klimawandels ist, dass Klimaextreme in zunehmender Häufigkeit und Intensität auftreten werden. Im Fachmagazin Nature hat eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, der Universität Leipzig, iDiv und weiteren europäischen Forschungseinrichtungen nun ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass dieser Prozess sich auch auf den Rückgang der Biodiversität auswirken wird. In diesem Szenario beschleunigen immer stärkere Extreme, die zudem immer häufiger auftreten, auch die Verschlechterung und Angleichung der Ökosysteme. Dabei ist eine wichtige Frage derzeit noch nicht untersucht, und zwar ob dies wiederum weitere Klimaextreme befördern kann? Mit anderen Worten: Verstärkt der durch Klimaextreme beförderte Rückgang der Biodiversität das Ausmaß zukünftiger extremer Klimaereignisse? Wenn dem so wäre, und dafür gibt es bereits Hinweise, müsste eine gänzliche neue Forschungsagenda entwickelt werden.
Interdisziplinäre Forschungsansätze sind nötig
Dafür sind interdisziplinäre Forschungsansätze nötig. „Ökologen und Klimaforschende müssen eine gemeinsame wissenschaftliche Vision und Agenda ausarbeiten, sodass wir gut informiert sind – nicht nur über die Risiken, die der Rückgang der Biodiversität als Puffer gegen Klimaextreme mit sich bringt, sondern auch über das Risiko, Klimaextreme an sich zu verstärken“, schlussfolgern die Forschenden.
Die gute Nachricht ist: Die Methoden und Technologien zur Sammlung und Analyse der relevanten Daten sowie neuartige, verbesserte Messverfahren stehen uns zur Verfügung und bieten einzigartige Einblicke, wie Pflanzen auf Stress reagieren. Doch diese Daten müssen nun auch für die Erstellung von Vorhersagen genutzt werden. Helfen können dabei hochwertige Modellierungen, sogenannte digitale Zwillinge und künstliche Intelligenz.
CBD COP 15 sollte Klima und Biodiversität gemeinsam beleuchten
Auf höchster politischer Ebene werden die Zusammenhänge zwischen Klimaextremen und dem Rückgang der Biodiversität bereits anerkannt. So erkennt etwa die Europäische Kommission die multifunktionale Bedeutung von Wäldern und deren Rolle bei der Regulierung atmosphärischer Prozesse sowie des Klimas formell an. Neue Beschlüsse zum Klimaschutz wurden vor wenigen Tagen im Rahmen der UN-Klimakonferenz COP 27 in Sharm el Sheikh getroffen. Am 7. Dezember startet zudem die UN Weltbiodiversitätskonferenz CBD COP 15 in Montreal, Kanada, bei der neue Abkommen zum Schutz der Biodiversität verabschiedet werden sollen. In ihrem Kommentar in Nature betonen die Forschenden, dass beide Themen im Zusammenhang betrachtet werden müssen: „Ökologen, Klimaforschende sowie Experten aus den Bereichen Fernerkundung, Modellierung und Daten müssen gemeinschaftlich daran arbeiten, unsere Wissenslücken zu füllen, so dass wir die Risiken, die vor uns liegen, vollumfänglich einschätzen können.“
(Text basiert auf einer Vorlage von Kati Kietzmann, iDIV)