Kohlenstoffsenke schrumpft durch Landnutzungsänderungen
Kohlenstoffsenken der Landoberfläche mildern den Treibhauseffekt. Ein internationales Team von Wissenschaftler*innen mit Beteiligung des MPI für Biogeochemie hat nun ermittelt, dass der überwiegende Teil der gesamten oberirdischen Kohlenstoffspeicherung in Europa durch die Wälder Osteuropas erfolgt. Vor allem durch die veränderte Landnutzung ist diese Kohlenstoffsenke jedoch zurückgegangen.
Wälder können große Mengen Kohlenstoff auf der Landoberfläche binden und damit entscheidend zur Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen beitragen. Für einige Gebiete fehlt es allerdings an flächendeckenden Bestandsaufnahmen. Besonders in Osteuropa gibt es nur ein dünnes Netz von Messstationen, sodass bisher nur wenig über die dortigen Kohlenstoffflüsse und ihre Treiber bekannt war. „Dabei bergen gerade die osteuropäischen Wälder ein großes Potenzial für eine langfristige Kohlenstoffsenke“, sagt Karina Winkler vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), dem Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen. „Osteuropa ist allerdings infolge politischer Umwälzungen von größeren Landnutzungsänderungen geprägt. Zudem wirkt sich dort der Klimawandel zunehmend auf die Wälder aus. Daher wirken sozioökonomische und klimatische Faktoren in einem einzigartigen Zusammenspiel auf die Kohlenstoffspeicher.“
Untersuchtes Gebiet erstreckt sich über 13 Länder
Forschende mehrerer Institutionen, darunter Hui Yang, Gregory Duveiller und Ana Bastos vom MPI für Biogeochemie, haben die Kohlenstoffspeicher in Osteuropa neu berechnet. Das untersuchte Gebiet erstreckt sich über 13 Länder – von Polen im Westen bis zum russischen Uralgebirge im Osten, von Estland im Norden bis nach Rumänien im Süden. Für die Berechnung führten die Wissenschaftler*innen verschiedene Datenquellen zusammen: Modelle, satellitengestützte Biomasse-Abschätzungen sowie Waldinventuren und nationale Statistiken.
„Aus den Datensätzen haben wir abgeleitet, dass Osteuropa für den überwiegenden Teil der gesamteuropäischen Kohlenstoffspeicherung von 2010 bis 2019 verantwortlich ist“, berichtet Winkler. Der Vergleich der Kohlenstoffbilanz hat ergeben, dass die Landoberfläche Osteuropas pro Jahr rund 410 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Biomasse band. Das entspricht etwa 78 Prozent der Kohlenstoffsenke von ganz Europa. Die größten Kohlenstoffspeicher finden sich vor allem im Grenzgebiet zwischen Ukraine, Weißrussland und Russland, im südlichen Uralgebirge und auf der Kola-Halbinsel.
Holzentnahme hat den größten Einfluss auf die Kohlenstoffsenke in Osteuropa
Doch die Daten zeigen auch, dass die Kohlenstoffaufnahme in Osteuropa über die Zeit keineswegs konstant, sondern rückläufig war: Die osteuropäische Kohlenstoffsenke wird kleiner. Um die Ursachen dafür zu ermitteln, verglichen die Forschenden die Trends der Kohlenstoffänderungen mit Faktoren der Landnutzung, das heißt Flächenumwandlungen für die Landwirtschaft, Holzentnahme und Anteil an aufgegebenen Agrarflächen, sowie mit Umweltfaktoren, und zwar Temperatur, Niederschlag, Bodenfeuchte sowie Kohlenstoffdioxid- (CO2) und Stickstoffkonzentration in der Atmosphäre.
Die Studie hat ergeben, dass Umwelteinflüsse, wie die Änderung der Bodenfeuchte, sich wesentlich auf den gesamten Kohlenstoffhaushalt auswirken. Die räumlichen Muster der Kohlenstoffsenke in Osteuropa lässt sich jedoch vor allem durch Landnutzungsänderungen erklären. Vor allem ein Anstieg der Holzentnahme im westlichen Russland sowie eine Verminderung des Waldaufwuchses auf ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen führten dazu, dass die Kohlenstoffsenke in Osteuropa zwischen 2010 und 2019 zurückging.
Nun gilt es zu prognostizieren, wie sich osteuropäische Wälder und ihre wichtigen Kohlenstoffspeicher unter dem Einfluss von Landnutzungsänderungen und Klimawandel künftig entwickeln werden. Die steigende Zahl von Extremwetterereignissen sowie verringerte Wasserverfügbarkeit lassen allerdings bereits heute befürchten, dass die osteuropäische Kohlenstoffsenke in Zukunft weiter schrumpfen wird.
Die Originalpressemitteilung für diese News-Meldung wurden uns freundlicherweise vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zur Verfügung gestellt.